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„O du fröhliche“ auch in schwierigen Zeiten singen?

Gemälde Johannes Falk
© Gleimhaus Halberstadt

Johannes Daniel Falk (1768 – 1826) schrieb zwei Jahre nach dem Tod seiner Kinder das Lied “O du fröhliche“. Wenn wir mehr aus seinem Leben erfahren, werden wir das Lied vielleicht neu und anders verstehen und singen.

 

Johannes Daniel Falk wuchs in der Stadt Danzig auf. Seine Mutter war Mitglied der Brüdergemeinde, sein Vater war Perückenmacher. Er hatte

sieben Geschwister. Die Familie Falk lebte in ärmlichen Verhältnissen. Als

Johannes zehn Jahre alt war, holte ihn der Vater Johannes zur Arbeit in seine

Werkstatt. Doch ein Lehrer und der Pastor rieten, Johannes studieren zu lassen.

Die Danziger Ratsherren stellten ihm daraufhin Geld für ein Studium zur

Verfügung. So kam er nach Halle. Er studierte Theologie, Philosophie und

Schriftstellerei. Und er heiratete eine Hallenserin.

 

Aus Liebe zur Schriftstellerei ging er nach Weimar, weil er mit Goethe, Schiller und Herder zusammentreffen wollte. In den Jahren 1813 und 1814, kurz vor der Völkerschlacht bei Leipzig, zogen an die 20.000 Soldaten aus verschiedenen Ländern durch das Weimarer Land. Sie nahmen, was sie brauchten. Die Menschen verloren ihre Jahresvorräte an Lebensmitteln und ihre Tiere. Viele Dörfer wurden niedergebrannt. Doch auch nach der Schlacht hatte die Truppeneinquartierung noch kein Ende. Allein Weimar hatte 90.000 Mann zu versorgen.

 

In Thüringen brach schließlich eine Seuche aus, ähnlich der Pest. Kaum ein Haus, das nicht betroffen war. Innerhalb kurzer Zeit starben vier Kinder der Familie Falk.

Johannes Daniel Falk begann mit seiner Frau, Waisenkinder aufzunehmen. Schon kurz nach Beginn seiner Arbeit waren es 200 Kinder, für die er Sorge trug.

 

Viele Kinder und Jugendliche, welche Opfer waren, wurden zu Tätern. Um

sich zu versorgen, zogen sie in Banden, Brände setzend und tatsächlich auch

mordend durch die Dörfer. Falk nahm sie auf, weil ihnen eigentlich lebenslange

Zuchthausstrafen bevorstanden.

 

Mit dem Tod seiner Kinder war für Johannes Falk eine Welt zerbrochen. Und für die Kinder, die ihre Eltern und ihr Zuhause verloren hatten, auch. Zwei Jahre nach dem Tod seiner Kinder schrieb Johannes Falk die erste Strophe des berühmt gewordenen Weihnachtsliedes "O du fröhliche" - für seine Familie und die aufgenommenen Waisenkinder. Die zweite und dritte Strophe kamen später dazu.

O du fröhliche, o du selige

gnadenbringende Weihnachtszeit!

Welt ging verloren, Christ ist geboren:

Freue dich, freue dich, o Christenheit!

 

Einem obdachlosen Kind, dass Vater und Mutter verloren hat, kann man nicht sagen: „Freue dich“! Doch ganz praktisch versuchte Johannes Falk, den Kindern Lebensfreude wiederzugeben.

Er erbaute aus einem zerfallenen Gehöft gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen den Lutherhof, den man heute noch in Weimar in der

Luthergasse sehen kann. Er unterrichtete die Kinder, bildete Lehrer und

Erzieher aus. Er gründete Schulen in Dörfern, in denen es keine Schulen gab. Er

suchte Meister, welche die Kinder in die Lehre nahmen und gründete selbst

Werkstätten.

 

Johannes Falk wurde über die Thüringer Landesgrenzen hinaus als Pädagoge bekannt. Er erzog nicht mit Gewalt, sondern zu Freiheit und Verantwortung. Er hat vielen die Weihnachtsbotschaft und Licht in der Dunkelheit und neue Hoffnung gebracht.

 

In einer Geschichte habe ich gelesen: „Bethlehem ist da, wo die Trauer und Angst und die Freude und Hoffnung zueinander finden.“ Dazu passt die Geschichte von Johannes Falk und sein Lied.

 

Ich wünsche allen einen besinnlichen Advent und nicht zuletzt die

Weihnachtsbotschaft.

 

Anna-Magdalena Buchmann,

Gemeindepädagogin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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